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Im Waldkindergarten Kainsricht

Zurück zu den Wurzeln - Waldkindergarten, das Pädagogik-System der Zukunft?
„Karl-Gustav“, schallt es laut durch den Wald. Erste Eindrücke: kalt, laut und nass. Reporter live vor Ort, um den Helden der Umgebung über die Schulter zu schauen.

Waldkindergarten, das System der Zukunft oder ein Schritt zurück in die Vergangenheit? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, fuhren wir mit einem kleinen Team am 22.10 zum Tag der offenen Tür im BRK Waldkindergarten Räuberwald in Kainsricht. Die Ironie schon hier, denn eine Tür ließ sich nicht wirklich finden. Doch langsam!

Ein Waldkindergarten ist eine besondere Ausführung eines normalen Kindergartens, der seinen Fokus ganz auf das Erleben in und mit der Natur legt. Hierbei werden besonders die Motorik und die Entwicklung der Kleinen gefördert. So wird beispielsweise auch die Ausdauer immer besser.  Zum täglichen Programm zählen das hautnahe Erleben von Naturwissenschaften. Die Kinder entwickeln ein Bewusstsein nach dem Motto: „Was ich kenne, das schütze ich!“, ganz im Namen des ökologischen Fußabdruckes.

So weit so gut. Die Frage, die sich hierbei stellt, ist, ob ein Kind, das in der Natur aufwächst, nur Positives mitnimmt oder ob die ganze Sache auch einen Haken hat.

Kinder, die mit weniger Angst aufwachsen, haben es später einmal im Alltag leichter. Der Wald prägt die Kinder in diese Richtung sehr, denn sie wachsen ohne die Angst, etwas kaputt zu machen, auf. Es ist Platz für viel Energie und kindliche Freiheit. Leiterin im Kindergarten in Kainsricht, Sabine Lindner, äußert sich uns gegenüber mit den Worten: „Die Kinder lernen trotzdem ihre Grenzen einzuhalten. Gewisse Regeln müssen befolgt werden, auch wenn diese die Kinder wenig einschränken und deutlich geringer ausfallen als in einem normalen Kindergarten.“ Selbst beobachtet haben wir zwei Kinder, die all ihre Energie entladen konnten. Sie liefen in ein aus leeren Getränkekisten bestehendes Haus und hatten den größten Spaß.
Allerdings darf man bei allem Spaß die Verletzungsgefahr nicht außer Acht lassen. Kinder, die viel toben, fallen auch mehr hin. Und im Wald ist die Gefahr, sich beim Spielen zu verletzen, noch viel größer. Schürfwunden und aufgeschlagene Kniee sind hier sicherlich keine Seltenheit, doch wir reden von drastischeren Unfällen. Ein Kind fällt von der Slackline und bricht sich den Arm. Wie lange dauert es, bis die Rettungskräfte eintreffen und dem von Schmerzen geplagten Kind helfen? Ist es überhaupt möglich, dass der Rettungswagen bis in den Wald fahren kann?

Sabine entkräftete unsere Sorgen jedoch schnell. Die Rettungsstelle hat die genauen Koordinaten des Kindergartens und schickt innerhalb von Minuten einen Hubschrauber los. In all den Jahren als Erzieherin hat sie noch nie den Notruf rufen müssen. Doch für den Fall der Fälle ist aber gesorgt.

Kinder sind Wesen mit einem fantasiereichen Geist. Dieser darf nicht ungefördert bleiben. Im Wald können die Kinder ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Es gibt genug Platz und Freiraum, um eigenen Gedanken Freiheit zu geben. In Kainsricht wird den Kindern ein breitgefächertes Angebot gegeben. Im Zaubergarten, der Matschküche und im sogenannten Pferdestall können sich die Kindergartenkinder ganz nach ihrem Belieben austoben und entfalten. Es gibt auch die Möglichkeit, sich zurückzuziehen in eines der Tipis. Auch wir haben das ausgetestet und können das nur empfehlen.

Doch bei einem Punkt mussten wir als Gestalter schimpfen. Kunst mit Matsch das ist schön und gut, reicht uns aber allemal nicht. Denn Farbe und erste Realitätsabbildung gehen komplett unter und auch so etwas wie Kunstwettbewerbe für die ganz Kleinen gibt es hier nicht. Also künftige Gestalter kommen wohl vermutlich nicht aus dem Waldkindergarten.

Zum Ende bleibt nur noch zu sagen, dass ein Waldkindergarten alles andere als ein Schritt in die Vergangenheit ist. Mehr als je zuvor achten wir auf die Bedürfnisse der Kinder. Diese werden in den unterschiedlichen Kindergärten gefördert. Nicht für jeden ist ein Waldkindergarten der richtige Ort zum Spielen, Toben und Lernen. Jede Familie sollte eine individuelle Entscheidung treffen, die die Interessen des Kindes vertritt.

Wir hatten einen schönen und lehrreichen Nachmittag im Waldkindergarten in Kainsricht und bedanken uns für die Offenheit und die Möglichkeit, Bericht erstatten zu dürfen.

(Text: Carla und Lisa S., Fotos: Jonathan E.)

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