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Heimat Kolumbien und / oder Deutschland

Was bedeutet Heimat? Kann man sie in der Fremde finden? Oder ist sie ganz einfach dort, wo man geboren ist – wo man wohnt. All diese Fragen sind aktueller denn je, wenn man die weltweite Anzahl an Migranten und Auswanderern betrachtet.

Der Begriff „Heimat“ ist selbst für mich nur schwer definierbar und das obwohl ich seit meiner Geburt am selben Ort wohne. Für meine Mutter ist dies noch ein viel komplexeres Thema. Meine Mutter – in Deutschland Diana genannt, in ihrem Geburtsort Kolumbien eher Mercedes – ist vor 22 Jahren zu meinem Vater nach Deutschland gezogen und hat somit ihre Odyssee in ein neues Leben gestartet. Sie ist in der südamerikanischen Riesenmetropole Bogota, also der Hauptstadt von Kolumbien geboren und lebte dort ihr halbes Leben lang. Das Land ist das 4.-größte Südamerikas und liegt im Nord-Westen des Kontinents. Es ist von viel Armut, Korruption, sozialer Ungerechtigkeit und generellen Konflikten in der Bevölkerung geprägt.

Zur Jugendzeit meiner Mutter war es vor allem der Bombenterror durch den Drogenbaron Pablo Escobar, der die Menschen nachhaltig prägte. Trotz dieser weit zurückgehenden Geschichte von Gewalt und Ungerechtigkeit hat das Volk jedoch nicht verlernt, sich die Lebensfreude zu bewahren.

Das äußert sich vor allem in der Liebe zum Tanz und der generellen Gastfreundlichkeit. In Costa Rica nennt man diese Lebensweise auch „pura vida“, was so viel ausdrücken soll wie, „das Leben am Schopf zu greifen“. Meine Mutter ist hierbei kaum anders und sticht somit etwas heraus in diesem Land mit komplett anderer Mentalität. Als sie frisch nach Deutschland kam, sprach sie kein Wort Deutsch, was es unmöglich machte, Kontakte zu knüpfen. Deshalb war sie anfangs eher Isoliert und hatte nur Kontakt zur Familie meines Vaters. Zusammen mit dem Vermissen der riesigen Familie im Geburtsort, löste das schnell Gefühle von Einsamkeit aus.

Doch meine Mutter schreckt nun nicht einmal mehr der Oberpfälzer Dialekt ab und sie konnte sich gut an die deutsche Lebensweise gewöhnen, ohne zu viel Selbst zu verlieren. Hierbei half ihr vor allem die Gemeinschaft.

Ob es die ehrenamtliche Mitarbeit im Sportverein, das Unterrichten von Zumba ist oder das wöchentliche Besuchen der Kirche ist – heute ist meine Mutter ein Bestandteil unserer örtlichen Gemeinde. Inzwischen hat sie auch Wege gefunden, beide, doch so gegensätzlichen Kulturen in sich zu tragen. Diese Kultur gab meine Mutter auch schon immer mir und meinem Bruder mit – die Sprache, das Essen und vor allem auch die Musik – wir tragen sie wie meine Mutter in uns.

Doch was ist jetzt letzend „Heimat“ für meine Mutter?

Die Antwort ist leicht. Beides! Beide Länder haben einen immensen Teil ihres Lebens geprägt und sind in gewisser Weise ein Teil von ihr geworden. Natürlich vermisst sie den Ort ihrer Geburt und Kindheit, den Ort, an dem der größte Teil ihrer Familie lebt, sowie die gleichgesinnte Mentalität der Leute, doch ein Stückchen Kolumbien kann sie in uns, ihren Kindern finden und an der Liebe zur Kultur.

Text und Fotos von Lucia.
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