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Leben in der Provinz – ein Auslaufmodell?

Geschlossene Bäckerei

Landleben macht glücklich, heißt es. Die Enge und den immer währenden Lärm der Großstadt hinter sich zu lassen, ist der Traum vieler Menschen. Gesunde Luft, schöne Umgebung, nette Nachbarn, ein entspanntes Leben zu führen, das scheint möglich zu sein in Zeiten von Homeoffice und Online-Präsenz. Die Deutschen lieben die Provinz – eigentlich. Untersuchungen zeigen ein anderes Bild. Der ländliche Raum wird weiter Einwohner verlieren, während Ballungsräume wie München oder Berlin ins Unendliche wachsen. Das hat gravierende, ja verheerende Folgen für die Menschen in den Dörfern.

Illustration von Elena Woppmann

Aufgegeben werden die Betriebe, die das Land früher mit Leben erfüllten. Sie lohnen sich nicht mehr. Der Schmied wird nicht mehr benötigt, der Metzger hat dicht gemacht. Geschlossen ist der Dorfladen, der für alle da war. Sich bevorraten müssen die Verbliebenen im Supermarkt der nächsten Stadt und dafür müssen sie manchmal stundenlang unterwegs sein.

Leerstand in den Innenstädten

Sanierungsbedürfte Glasindustrieüberreste

Es gibt nicht einmal mehr ein Gasthaus. Nicht gerade wenige Häuschen von den Menschen, die schon weggezogen sind, bleiben leer. Die Wände stürzen ein und die Böden brechen durch und die Dächer verfallen. Ehemals sorgfältig gepflegte, prächtige Gärten, in denen Radieschen und Lauch, Sellerie und Kürbis und vieles mehr herangezogen worden sind, werden von Unkraut und Löwenzahn überwuchert oder füllen sich mit der Zeit mit Ausgemustertem. In den nahe gelegenen Kleinstädten ist es nicht viel besser. In den Fußgängerzonen bleiben viele Schaufenster gähnend leer, oder es hängen Schilder „zu verkaufen“ davor.

Viele Bauern müssen ihre Höfe aufgeben. Längst ist die Konkurrenz der Großbetriebe übermächtig geworden. Der Hof, über Generationen der Stolz der Familie, ist zur Last geworden. Mit dem Hof verschwindet auch das Wissen der Menschen über die Zeitläufte der Natur und der Zusammenhalt der Dorfgemeinschaft zerbricht. Kleine und mittlere Betriebe müssen sich eingestehen, dass sich die Arbeit nicht mehr lohnt. Mit den Bauern stirbt auch die Tradition.  Die Orte werden entvölkert. Schon jetzt werden weniger Kinder geboren, als Alte dahinscheiden. Und wer, der nicht hier geboren ist, will da schon hin?

Keine Zeitschriften mehr…

Wohnraum verfällt

Gerade in Orten, die weiter entfernt von Autobahnen und schnellen Verkehrsverbindungen liegen, ist es schwierig, die Bevölkerung nicht völlig von jedem Service auszuschließen, wie z.B. Sparkasse oder Supermarkt.

Wer heute aufs Land zieht, möchte beides: Ein großes, bezahlbares Häuschen auf dem Land und Stadtleben in erreichbarer Nähe. Aber womöglich werden in naher Zukunft autofreie Innenstädte dazu führen, dass nur der öffentliche Nahverkehr eine Verbindung zur Stadt aufrechterhält. Mangelnde Mobilität wird schnell zum Hauptproblem im ländlichen Raum.

Viele ehemalige Städter, die aufs Land ziehen, haben eine romantische Vorstellung vom Landleben. Bei ihnen gibt es keinen Hahn, der in aller Frühe Kikeriki kräht, kein lautes Glockengeläut, keine stinkenden, frisch gedüngten Felder, keine Traktoren auf den Feldwegen. An all das müssen sich zugezogene Städter gewöhnen. Werden sie bleiben? Das erfordert Anpassung von beiden Seiten und bedeutet Herausforderung und Chance zugleich.

Text: Johanna Kullmann, Fotos: Samara Ransbach, Silke Winkler, Verena Bauer u.a., Illustration Zuzana Nguyenová

Quo vadis Weiden?

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